7.12.2022
Ein wiederum anspruchsvolles Jahr 2022 liegt praktisch hinter uns. Trotz aller Herausforderungen das wichtigste vorweg: wir konnten erneut wunderbare Olivenöle produzieren und sind mit der Qualität des Jahrganges 2022 sehr zufrieden. Seit ein paar Tagen sind wir zurück aus Apulien, das Öl der Ernte 2022 ist importiert und unser Finger bereits etwas wund, da wir seit einer guten Woche mit Hochdruck dabei sind, die Etikettierung mit all den wunderbar individuellen Layouts unserer Kunden vorzunehmen. Anbei wie gewohnt ein kleiner Rückblick über das Jahr und detaillierte Informationen zu den Olivenölen 2022.
Der Frühling war viel zu trocken, die Temperaturen jedoch im normalen Bereich. Auch Frost war glücklicherweise kein Thema. Ab Juni bis Ende Jahr gab es dann immer mal wieder Regen und Wasserknappheit war anders als in Norditalien nie ein grosses Problem. Trotzdem mussten wir unsere Bäume auch in diesem Jahr praktisch die ganzen Sommermonate durch massiv Bewässern. Der Grund dafür liegt bei den Temperaturen, welche von April bis Dezember jeden Monat weit über dem langfristigen Durchschnitt lagen und in den Monaten Juni, Juli und Dezember gar neue 30-Jahres Rekorde erreichten!
Vielleicht erinnert ihr euch an unseren letztjähren Bericht, wo wir von Rekordmengen an Blüten an den Bäumen berichteten. Nicht überraschend haben die Bäume dann in diesem Jahr diesbezüglich eher wenig Blüten ausgetrieben, ein ganz normaler Rhythmus bei Olivenbäumen. Dank der massiven Bewässerung (über 2’000 Liter Wasser pro Baum alle 2 Wochen in den Sommermonaten!), konnte mengenmässig ein zwar leicht unterdurchschnittliches, aber dennoch «OK» Ergebnis erzielt werden. Eine kleine «Milchbüechlirechnung» verdeutlicht, über was die Bewässerung konkret bedeutet: gehen wir von ca. 5’000 Litern pro Baum und Monat aus und dies während mindestens 3 Monaten im Sommer/Herbst kommen auf unsere über 1’600 Bäume total 24 MILLIONEN Liter Wasser zusammen, welche wir hochpumpen mussten und den Bäumen zugeführt haben. Wir kommen auf den Punkt gleich nochmals zurück.
Wie erwähnt war auch der Herbst in Apulien viel zu warm, jedoch gab es immer mal wieder einen Regentag. Jene unter euch, welche schon länger Teil der Terreno Chiuso Rotondo Familie sind und unsere Berichte der letzten Jahre noch in Erinnerung haben wissen, wem diese klimatischen Umstände besonders gefallen: der gefürchteten Olivenfliege! Wir hatten den auch just zur Erntezeit eine explosionsartige Vermehrung der kleinen Viecher. Nur sehr früh geerntete Oliven hatten im Jahrgang 2022 keine negativen geschmacklichen Nebenwirkungen, da sich nicht schon massenweise Larven durch das Fruchtfleisch der Oliven gefressen hatten und entsprechendes Sekret in der Olive hinterliessen.
Es gebührt an dieser Stelle mal wieder ein riesiges Dankeschön an unseren Partner und lieben Freund Salvator Stallone und seiner ganzen Crew, welcher die Bäume unseres Olivenhains mit Priorität als erstes abgeerntet hat und wir keinerlei sensorische Fehlnoten in unseren Olivenölen haben. Als Konsequenz daraus waren wir in diesem Jahr auch ausserordentlich früh fertig mit der ganzen Ernte und auch den Import in die Schweiz haben wir noch nie früher machen können. Früh geerntete Oliven bedeuten aber auch immer einen geringeren Öl-Ertrag pro Kilo Oliven. Es ist dies ein (teurer) Zielkonflikt, welchen man kompromisslos eingehen muss, will man maximale Qualität produzieren.
Coratina
Das wie immer zu 100% aus Coratina-Oliven gewonnene 2022-er Öl hat eine wunderbar grün leuchtende Farbe. Die sortentypische Charakteristik mit ausgesprochen grasigen Noten und knackiger Herbe zeigt sich wie jedes Jahr. In der Nase kommen Geschmacksnoten von rohen Artischocken und ein Anflug von frischem Rosmarin dazu. Im Gaumen zeigt sich eine vergleichsweise dezente Bitterkeit und eine anfänglich ebenfalls nicht allzu markante Schärfe, welche jedoch mit einer gewissen Verzögerung deutlich ansteigt. Wir finden unser 22-er Coratina erstaunlich elegant, wenngleich auf einem gewohnt intensiven Geschmackslevel. In Anbetracht eines eigentlich komplizierten Jahrgangs, ist uns erneut ein Top-Olivenöl gelungen. Mit einem Polyphenol-Gehalt von 778 mg/L und 0.24 % freien Fettsäuren sind auch die Analysewerte wie gewohnt auf absolutem Spitzenniveau im Vergleich mit anderen Olivenölen und unterstreichen den enormen gesundheitlichen Wert unserer Produkte.
Cuvée
Bei unserem 2022-er Cuvée haben wir einen Blend gemacht, welchen wir in dieser Zusammensetzung noch nie machten. Es setzt sich aus je einem Drittel Coratina-, Bella di Cerignola- sowie Nocellara-Oliven zusammen. Leuchtend grün-gelblich in Farbe, vor allem aber mit einer betörenden Fruchtigkeit in der Nase ist das Resultat daraus. Es ist das in der Nase vielleicht aromatischte Öl, welches wir je produziert haben. Es riecht nach grün-gemüsigen Tönen von Cicoria/Catalogna und fruchtigen Aromen von grünem Apfel. Im Gaumen wunderbar elegant harmonisch mit dezenter Bitterkeit und dazu passender überschaubarer Schärfe, ebenfalls leicht ansteigend. Auch im Gaumen wieder diese frischen grünen Noten von Cicoria, aber auch Töne von grünen Mandeln. Wir nennen es jeweils das «Harmonische», es IST das Harmonische. Mit 726 mg/L Polyphenolen (freie Fettsäure 0.23 %) hat unser Cuvée in diesem Jahr ein fast gleichen Wert wie das reinsortige Coratina erreicht, was eher selten der Fall ist aber natürlich auch sehr erfreulich ist. Ein «Gesundmacherolivenöl» vom Feinsten.
Bei unseren lieben Freunden und Partnern ist das Jahr 2022 familiär erstaunlich ruhig verlaufen. Es wurden weder neue Kinder geboren noch neue Hunde angeschafft. 😉 Salvatore hat noch immer seine 9 ½ Finger (Insider und aufmerksame Leser unserer früheren Berichte wissen, wovon wir sprechen), Urgrossmutter Giovanna hat mehr denn je zu tun um die Rasselbande mit Samuele und Giulia halbwegs unter Kontrolle zu halten, wenn sie diese während der Erntezeit fast durchgehend betreut.
Wie immer ist es uns ein Bedürfnis an dieser Stelle unseren herzlichen Dank an alle Stallones auszudrücken. Unsere Olivenöle schmecken nicht wegen Lara & Thomas so wunderbar, sondern Dank der Zusammenarbeit mit dem Qualitätsfanatiker Salvatore, seiner Familie und der ganzen Squadra!
Natürlich wurde in der Mühle wieder gebastelt, geschraubt, gebaut und investiert. Salvatore lässt nicht locker in seinem Bestreben: das nächstjährige Öl muss noch besser werden! So wurde in diesem Jahr eine vierte Produktionslinie angeschafft und eingebaut. Diese erlaubt die Verarbeitung deutlicher grösserer Mengen bei gleichzeitig höchster Qualität. Für jede Olivensorte gibt es einen optimalen Erntezeitpunkt. Man kann jedoch nicht alle Bäume / Früchte zum gleichen Zeitpunkt, am gleichen Tag ernten, was logistisch wegen der Erntemannschaft aber vor allem wegen dem «Flaschenhals» Verarbeitung in der Olivenmühle nicht möglich ist. Je grösser die Verarbeitungskapazität auf Topniveau, umso enger kann das Zeitfenster um den idealen Zeitpunkt sein. Entsprechend hat diese Neuerung einen direkten Einfluss auf die Qualität. Wir sind schon gespannt, was Salvator im nächsten Jahr wieder einfällt…
Über die Herausforderungen betreffend Wetter/Klima und der Olivenfliege haben wir eingangs berichtet. An dieser Stelle wollen wir kurz aufzeigen, wie dramatisch sich die Welt innerhalb 12 Monaten verändern kann, ohne dass dies den meisten bewusst ist.
Es herrscht Krieg, in Europa. Die Preise für Energie schwanken wie jene für Tulpenzwiebeln im 16. Jahrhundert. Die jungen Leute kannten sie gar nicht mehr, aber nun ist sie wieder Realität – die Inflation. Vor einem Jahr hatten wir im Jahresbericht geschrieben, wie hätten die «teuersten Oliven ever» produziert, da wir viel mehr Strom als sonst für die Bewässerung brauchten. Wenn wir diese Zeilen heute lesen, befällt uns bestenfalls ein bitteres Lächeln. Wir brauchten in 2022 noch mehr Wasser und damit noch mehr Strom. Der Durchschnittspreis, welchen die Stallones im Sommer/Herbst 2022 für Strom bezahlt haben, lag beim 5-fachen gegenüber Vorjahr. Aktuell kostet sie die kWh Strom das 10-fache. Die Glasflaschen, in welche unsere Olivenöle abgefüllt werden, kosteten uns für diese Ernte das Doppelte im Vergleich zum Vorjahr. Es gibt in Italien Pizzerien, welche ihre Öfen mit Strom heizen, welche keine Pizza mehr servieren, da die aktuellen Strompreise kein rentables Geschäft mehr zulassen. Wir hoffen auf ein baldiges Ende des unsäglichen Krieges in der Ukraine vor allem wegen dem Leid für all die Leute und Soldaten, welche doch eigentlich nichts anderes als in Ruhe leben wollen und mit Politik und Machtgehabe nichts am Hut haben.
Aber wir hoffen auch auf eine Normalisierung für all die Unternehmen und Haushalte, welche unter der aktuellen Entwicklung zusammenzubrechen drohen. Wir sind in einer komfortablen Situation, auch ihr als Beteiligungskunden. Wir haben die Preise für das Olivenöl über mehrere Jahre festgeschrieben. Aktuell bleibt der «schwarze Peter» bei den Stallones hängen. Die Preise für die «normalen» Kunden mussten sie um 25% erhöhen. Obwohl unsere Verträge dies nicht vorsehen, werden wir uns an den Mehrkosten bei Le Tre Colonne auf freiwilliger Basis beteiligen, denn eines ist klar: nur wenn es den Stallones / Le Tre Colonne gut geht, geht es auch uns gut. (und bleibt das Öl auf der Qualität, welche wir so lieben)
Für Neukunden, welche Beteiligungen bei uns Abschliessen oder Kunden, welche bei uns Olivenöl kaufen, werden auch wir die Preise deutlich anpassen müssen, auch wenn wir auch dort nicht die vollen Mehrkosten umwälzen werden. Wir bleiben positiv und optimistisch, dass bezüglich Kriegselend und Kostenproblemen wieder bessere, normalere Zeiten vor uns stehen.
Am vergangenen Wochenende durften wir unser jährliches Highlight, das Festa dell’Olio Nuovo, feiern und viele unserer lieben Kunden begrüssen. Herzlichsten Dank allen, die den Weg nach Sempach gefunden haben. Wir fanden es einen sehr gelungenen Event und es war uns eine Freude, unsere 2022-er Öle vorzustellen. Die sehr positiven Feedbacks und Glückwünsche zu den frischen Ölen haben uns sehr gefreut und wir haben der Familie Stallone & Team die vielen schönen Worte und Wünsche weitergegeben.
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